Damian John Harper, 40, hat mit „In the midde oft the river“ einen ebenso verstörenden wie berauschenden Film über die Macht der Liebe gedreht. Machen wir uns nichts vor: In Zeiten, wo Hass, Gier und Schamlosigkeit immer obszöner um sich greifen, fällt es zunehmend schwer, Anreize zum Innehalten, Nachdenken und Umschwenken zu geben. Umso erfreulicher, dass Harper mit seinem neuen Film genau das gelungen ist. „In the middle oft he river“ liefert zunächst fast unerträgliche, dann aber erlösende Bilder von der Möglichkeit des Menschlichen. Unbedingt ansehen!
Konrad: Bei all der Brutalität ist „In the middle oft the river“ von tiefer Religiösität geprägt. Glaubst du an Gott?
Damian: Ich bin in einer griechisch-orthodoxen Gemeinde groß geworden. Da geht es eher um Gemeinschaft, statt um Glauben. Aber ja, es gibt viele gläubige Figuren in dem Film, allen voran die Grandma. Ich selbst schwanke zwischen Atheismus und einer Art Glauben, für den es keine Kirche gibt. Aber wenn ich Angst habe, bete ich.
Konrad: Du sagst, Filme haben die Aufgabe, bei den Zuschauern Bauchgefühle hervorzurufen. Welches ist das am meisten intendierte bei „In the middle oft the river“?
Damian: Das lässt sich schlecht auf einen Punkt bringen, es sind zu viele. Das Ganze ist sehr komplex und da kommst du nur mit einem sauberen Schnitt raus (grinst). Ich will bei den Zuschauern Bewegung im Kopf hervorrufen, Emotionen. Dann fangen sie an, über ihre Gefühle und Eindrücke zu reden. Du kennst das, es geht nie nur um Mut oder Einsicht oder Hass, sondern jedes Gefühl, jede Stimmung hängt mit der benachbarten Emotion zusammen. Dazu kommt, dass Menschen zu dem gemacht werden, was und wie sie sind. Es gibt keine Monster, nur Umstände, die sie dazu werden lassen.
Konrad: Wie erlangt man die tiefe Gelassenheit und Demut, die du ausstrahlst?
Damian: Ich versuche, ich zu sein. Und ich entwickle eine Abneigung, wenn jemand arrogant wirkt. Also versuche ich, bescheiden zu sein. Ich komme aus einer bescheidenen Familie, Arroganz mag ich einfach nicht. Oft überspielen wir Angst mit Arroganz. Ich möchte Arroganz nicht als Mittel der Angstbewältigung nutzen.
Konrad: Bei Truffaut, Tarantino oder Faßbinder, jetzt bei dir mit „In the middle oft the river“, immer sind es Frauen, die die entscheidenden Impulse für Einsicht und Umkehr geben. Wie kommt es, dass es meist Männer sind, die das in ihren Filmen feststellen?
Damian: Ich spiegele hier ganz einfach das wieder, was in meinem Leben passiert ist. Meine Mama hat immer alles zusammengehalten. Sie ist ein starker Mensch. Das ist mein Leben.
Konrad: Wer ist dein literarisches Vorbild?
Damian: Es gibt zwei Autoren,, die mich stark geprägt haben. Und wenn man deren Bücher gelesen hat, sollte man ihre Kunstgriffe in meinen Filmen wiederfinden. Das ist zum einen Louise Erdrich mit Werken wie „The Master Butchers Singing Club“ oder „The Round House“. Bei ihr geht es um die native Americans, ihr Schreibstil hat mich sehr beeinflusst. Sie hat einen Buchladen in Minneapolis, da werde ich beizeiten mal hingehen, einen Haufen meiner Filme im Gepäck haben, und sie ihr auf den Tisch legen. Der zweite ist der Romancier und Drehbuchautor Richard Price von der Ostküste, er schreibt so etwas wie Krimis („Clockers“, „Lush Life“) und auch hier ist es der Stil: multi-narrativ, die Handlung und die Figuren stehen in einem ständigen Spagat – großartig!
Konrad: Dein Begriff von Schönheit?
Damian: Das Schönste, was ein Mensch erleben kann, ist, dass er zusehen kann, wie seine Kinder zu empathischen Wesen werden, sich altruistisch entwickeln.
http://www.farbfilm-verleih.de/filme/inthemiddleoftheriver/
https://www.theguardian.com/books/louise-erdrich